Trotz Energieembargo - REWAG baut 2022 neues Erdgas BHKW

Ist es klug oder weitsichtig im heraufziehenden kompletten Energieembargo gegen Russland ein neues Blockheizkraftwerk in Neutraubling zu bauen, dass mit Erdgas betrieben werden soll? Kann man als großer regionaler Energieversorger klimapolitische Realitäten einfach ignorieren oder interessiert es in Neutraubling einfach niemanden? In der Bauausschusssitzung am 17. Mai 2022 sorgte daher ein Antrag der REWAG auf Errichtung eines Erdgas-Blockheizkraftwerkes auf dem Gelände der Krones-AG für Diskussionen. 

Der beabsichtigte zukünftige Betrieb der Anlage mit Erdgas erschien Dr. Kelly angesichts der politischen Situation und der Klimakrise problematisch und auch wirtschaftlich fragwürdig. Sollte der Bezug russischen Erdgases weiter reduziert werden, gäbe es nur die Möglichkeit teureres und umweltschädliches LNG Gas aus den USA zu verwenden oder von den Vereinigten Emiraten zu beziehen. Dieser Antrag der REWAG erwecke den Eindruck für eine rückwärtsgewandte und wenig vorausschauende Energiepolitik, kritisierte Dr. Kelly. Er erinnerte daher an die 2006 verworfenen Pläne für die Errichtung einer Biogasanlage im im Gewerbegebiet Heising. Bereits damals war eine Gasleitung hin zum städtischen Gasnetz geplant. Diese Pläne sollten nach Ansicht von Dr. Kelly wieder hervorgeholt und zusammen mit den damals beteiligten Akteuren (u.a. Stadt Neutraubling und Krones AG) auf eine mögliche Umsetzung geprüft werden. Die Biogastechnologie wurde zwischenzeitlich erheblich weiterentwickelt. Die Verwendung von Nahrungsmitteln wie Mais, etc. sind für die Gasgewinnung nicht mehr erforderlich. Neue Anlagentypen zur Herstellung von Biomethan aus landwirtschaftlichen Abfällen wie Mais- oder Getreidestroh - in Deutschland entwickelt - stehen jetzt zu Verfügung. Daher sollten auch Akteure wie das Gut Lerchenfeld (Biomasse) und Bürgerenergiegenossenschaften (Finanzierung) mit ins Boot geholt werden, denn regionale Energieproduktion wird immer mehr zum Standortfaktor.


Auch der zukünftige Betrieb des neuen Hallenbades, sowie die Heizungsanlagen anderer Liegenschaften der Stadt -  wie auch zahlreiche Privathaushalte - sind auf Erdgas ausgelegt und wären vom Preisanstieg betroffen. Der bisher moderate Hallenbad-Eintrittspreis wird nicht mehr zu halten sein. Es braucht also Alternativen: Neben einem Hackschnitzel-BHKW, z.B. für das neue Hallenbad, wären Biogas aus regionalen Biogas- oder Strohgasanlagen wichtige Bausteine für eine städtische Unabhängigkeit von teuren Energieimporten. Zum Energiekonzept zählen natürlich vor allem Strom aus Photovoltaik und eigenen städtischen Windkraftanlagen. Damit könnte z.B. über Abwasserwärmerückgewinnung und „Power to Heat - P2H“ (=Stromüberproduktion wird in Form von Wärme in Wassertanks gespeichert) die Nähwärmeversorgung kostengünstig gesichert werden (siehe Abbildungen). Ein weiterer Vorteil wäre, dass die Wertschöpfung vor Ort bleibt und nicht nach USA oder Kuwait abfließt.

Regionale Energieproduktion in Bürgerhand ist besonders attraktiv, wie das Beispiel der Gemeinde Sinzing (2 Windkraftanlagen) zeigt. Diese Bürgerenergie-Genossenschaften tragen zur Finanzierung der Projekte bei, bieten sehr günstige Strom - bzw. Gastarife, sowie zusätzlich eine Verzinsung der Genossenschaftsanteile. 

Energieunabhängigkeit kostet zunächst viel Geld, aber es sind rentierliche Investitionen, von denen alle Beteiligten langfristig profitieren. Regional erzeugte Energie ist bis zu 20% günstiger als vom „Grundversorger“ und - wird Nahwärme mittels „Power to Heat“ vor Ort erzeugt - zahlen Endkunden nur die Hälfte des marktüblichen Preises, wie das Beispiel Fuchstal bei Landsberg zeigt. Aber auch unsere Umlandgemeinden sind in Sachen Energieunabhängigkeit viel weiter als wir. Neben Sinzing - mit 2 Windkraftanlagen in Bürgerhand - zieht Regenstauf mit eigenen Anlagen nach. Barbing und Mintraching verfügen bereits über Solarparks bzw. bauen sie weiter aus. In Mintraching betreibt die REWAG seit 2019 sogar ein Biomethan-BHKW und versorgt damit die kommunalen Liegenschaften und Neubaugebiete mit Strom und Wärme. Worauf warten also die Verantwortlichen unserer Stadt noch?

Stadtratsfraktion der Aktiven Bürger Neutraubling / Grüne
Sabine Hrach, Dr. Edwin Schicker, Sabine Lauterbach, Dr. Gerd Kelly